Eintrag

Mit Positiver Psychologie und PERMA-H Modell zu mehr Wohlbefinden im Leben

Motivation

Im Rahmen der jährlichen Klausurtagung meines Arbeitgebers (encoway Sommerklausur) habe ich im Mai 2023 zusammen mit unserer Personalentwicklerin einen 2,5-tägigen Workshop zum Thema “Wann hattest Du Dein letztes 1:1 mit Dir selbst? - Selbstführung und Resilienz als Schlüssel zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung” ausgearbeitet und geleitet.

Die Vorbereitung des Workshops mit den bis dato für mich unbekannten Themen: Positive Psychologie und Job Crafting hat mächtig Spaß gemacht. Meine Kollegin hatte viele Podcasts, Blinks und Literaturempfehlungen für mich parat, die mir den Arbeitsweg auf dem Fahrrad versüßt haben.

Ich möchte in diesem Beitrag kurz erläutern was Positive Psychologie ist und mit dem PERMA-H Modell einen Leitfaden vorstellen, der auch dir helfen kann, dein Stresslevel zu reduzieren sowie deine Zufriedenheit im Alltag zu erhöhen.

Positive Psychologie

Noch nie waren wir so reich, so gesund, so wohl genährt und so gut gebildet wie heute… und noch nie waren wir so unglücklich. (Deutsche Gesellschaft für Positive Psychologie)

Im vergangen Jahrhundert war die psychologische Forschung primär defizitorientiert und beschäftigte sich mit dem Ziel, psychische Erkrankungen wie Depression, Schizophrenie oder Phobien verstehen und heilen zu können. Inzwischen ist bekannt, dass Gesundheit nicht allein durch die Abwesenheit von Krankheit entsteht.

Im Gegensatz zur klassischen Psychologie ist die Positive Psychologie ein relativ junges Feld und bricht aus dem alten Muster aus, indem sie sich damit beschäftigt, Menschen zu einem lebenswerten und glücklichen Leben zu verhelfen. Sie ist die Wissenschaft des gelingenden Lebens und Arbeitens. Für dieses Ziel befasst sich die Positive Psychologie mit der Erforschung der persönlichen Stärken, schlummernder Potenziale und dem generellen Wohlbefinden. Sie untersucht Bedingungen, Faktoren und Wechselwirkungen, die das Wohlbefinden, die optimale Entwicklung und das Aufblühen von Individuen, Beziehungen, Familien, Teams, Organisationen und ganzen Gesellschaften unterstützen. Anders gesagt das, was Menschen antreibt und Zufriedenheit sowie Glücksgefühle erzeugt.

Das Schöne an der Positiven Psychologie ist für mich, dass sie eine empirische Wissenschaft darstellt, die ihre Grundlage in quantitativen und qualitativen Methoden der Sozialforschung hat. Das macht es für mich greifbarer und weniger abstrakt.

Auf dem Weg der Positiven Psychologie begegnen dir viele bekannte Begriffe. Achtsamkeit ist ein häufiges Schlagwort, wenn es um die Bewältigung von Stress und das Leben im Hier und Jetzt geht. Viele von uns, mich eingeschlossen, treibt das Thema Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung um. Beispielsweise beschäftigen mich folgende Fragen:

  • Was mache ich aus meinem Leben?
  • Schöpfe ich mein volles Potenzial aus?
  • Was will ich auf dieser Welt bewirken?
  • Wie kann ich meinen Fußabdruck und etwas Gutes für nachfolgende Generationen hinterlassen?

The goal so far as human beings are concerned – is ultimately the `self-actualization’ of a person, the becoming fully human, the development of the fullest height that the human species can stand up to or that the particular individual can come to. In a less technical way, it is helping the person to become the best that he is able to become” (Abraham Harold Maslow)

PERMA-H Modell

Prof. Dr. Martin Seligman ist einer der Urväter auf dem Gebiet der Positiven Psychologie und hat das PERMA-Modell zum menschlichen Wohlbefinden entwickelt. Dieses wurde mittlerweile zum PERMA-H Modell erweitert. Das Akronym setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:

  • P: Positive Emotions
  • E: Engagement
  • R: Relationships
  • M: Meaning
  • A: Accomplishment
  • H: Health

P - Positive Emotions

Positive Gefühle - Positive Emotionen wie Hoffnung, Dankbarkeit, Enthusiasmus, Liebe und Neugier helfen für ein offenes Bewusstsein und sind eine Unterstützung beim Aufbau von mentalen Ressourcen und kognitiven Kompetenzen. Gut gelaunt ist man empfänglicher für unbekannte Themen und motivierter Neues zu erlernen.

“Tue Gutes und rede darüber!” ist eine ganz bekannte Redewendung, die mir an dieser Stelle einfällt. Tatsächlich ist es doch so, dass wir uns viel mehr mit den Dingen beschäftigen, die nicht gut laufen. Redet man mit einer Freundin oder einem Freund, hält man sich doch stets nur kurz bei den schönen Erlebnissen vom Wochenende auf. Dagegen verbringt man viel mehr Zeit mit der Aufarbeitung des letzten Beziehungsstreits. Das A im PERMA-H Modell ermutigt uns mehr Zeit mit den schönen Gefühlen zu verbringen bzw. diese zuzulassen und negativen Emotionen nicht so viel Raum zu geben.

E - Engagement

Einsatzbereitschaft - Engagement bezeichnet den intensiven Einsatz für eine Sache.

Flow-Erfahrungen sind ein essenzieller Bestandteil des Engagements. In diesem Zustand ist eine Person völlig auf ihre aktuell ausgeführten Tätigkeit fokussiert.
Du bist intrinsisch motiviert, schenkst deine komplette Aufmerksamkeit dem jetzigen Moment bzw. aktuellen Thema und bist unempfänglich für Ablenkungen. Du bist ganz bei dir selbst. Klingt das nicht wunderbar?

Bei mir äußern sich Flow-Erfahrungen beispielsweise darin, dass ich an einer Tätigkeit arbeite und wenn ich das nächste Mal auf die Uhr schaue, es bereits Mitternacht ist und ich mit Erschrecken feststelle, dass ich schon längst schlafen müsste. Der Flow zeichnet sich weiterhin dadurch aus, dass deine individuellen Fähigkeiten beansprucht werden, du aber selbst nicht überfordert bist. Die Ziele deiner Tätigkeit sind klar und dir ist dein Fortschritt bewusst.

Ich war und bin nach wie vor von meiner eigenen Konsumhaltung genervt. Mal eben eine neue Netflix-Serie anfangen, ein bisschen durch Social Media scrollen und schon ist das bisschen Freizeit wieder mit belanglosen Inhalten gefüllt. Diese Website ist unter anderem deshalb entstanden, weil ich selbst etwas erschaffen wollte. Und siehe da, es funkioniert! Ich denke vermehrt über meine Interessen nach, reflektiere über gemachte Erfahrungen und überlege mir, welche Inhalte ich im Blog teilen möchte. Es gibt viele spannende Themen, die meine Neugier wecken. Obwohl die Erarbeitung und Aufbereitung neuer Inhalten unheimlich zeitintensiv ist, vergeht die Zeit doch wie im Flug - besonders wenn ich im Flow bin. Ultimativ erfüllt es mich mit großer Zufriedenheit und Glück, wenn ich einen neuen Beitrag fertiggestellt habe.

Fragen für dich zum Nachdenken:

  • Was sind meine Interessen?
  • Was würde ich gerne Neues lernen?
  • Wo würde ich mich gerne (mehr) engagieren?
  • Was hat mich schon einmal in einen Flow-Zustand versetzt?

R - Relationships

Beziehungen und Verbindungen - Wir Menschen sich soziale Wesen. Entsprechend gehört die soziale Eingebundenheit zu den psychischen Grundbedürfnissen des Menschen. Jeder von uns strebt nach sozialem Anschluss bzw. gesellschaftlicher Anerkennung. Umgekehrt führt die Abwesenheit sozialer Beziehungen zu Leid, unglücklich sein oder sogar Depressionen. Menschliche Bindungen und positive Emotionen stehen in Korrelation und bedingen sich gegenseitig.

Ich kann für mich sagen, dass mir ein Abend mit Freunden enorm dabei hilft, meine Akkus aufzuladen und mein Wohlbefinden zu steigern. Ich als extrovertierter Mensch ziehe generell Kraft aus dem Zusammensein mit anderen. Darüber hinaus ist es gut, sich zwischendurch mal eine andere Meinung einzuholen, um sich nicht im eigenen Gedankenkarussel zu verlieren. Besonders unter Stress neigen wir dazu, nicht mehr klar denken zu können. Da wirkt ein frischer Blick von außen manchmal Wunder! Ich profitiere sehr davon, wenn ich mit meiner Partnerin über Situationen spreche und dadurch eine zusätzliche Perspektive aufgezeigt bekomme.

Fragen für dich zum Nachdenken:

  • Von wem fühle ich mich inspiriert?
  • Welche (Arbeits-)Beziehungen tuen mir nicht gut?
  • Welche Person bitte ich gerne um Hilfe?
  • Welche Person kommt zu mir, um mich um Rat zu fragen?
  • Mit welchen Menschen verbringe ich gerne Zeit?
  • Mit wem möchte ich gerne mehr zu tun haben?

M - Meaning

Sinnerleben und Bedeutsamkeit - Als bedeutsam erlebte Arbeit trägt signifikant zu mehr Zufriedenheit bei – im Job und im Leben insgesamt. Das eigene Leben als bedeutsam wahrzunehmen, ist ein wichtiger Aspekt von Wohlbefinden. Wenn du deine berufliche Tätigkeit als sinnvoll erlebst, profitierst du davon in Form von höherer Motivation, Produktivität und erhöhtem Wohlbefinden. Für dich als sinnlos erlebte Arbeit wird dich hingegen zu emotionaler Erschöpfung, Stress und schlimmstenfalls in den Burn-out führen.

Wie kannst du herausfinden, was Sinnhaftigkeit für dich persönlich bedeutet? Eine Möglichkeit stellt die Verdeutlichung der eigenen Werte dar. Werte sind situationsübergreifende, persönliche Vorstellungen von erstrebenswerten (und weniger erstrebenswerten) Zielen.

Übung:

Überlege dir, welche Vorstellungen von wünschenswerten Verhaltensweisen leiten dich in deinem Tun und Denken. Schreibe diese, nach Priorität geordnet, in eine Tabelle. Suche nach einer beispielhaften Situation, in der du diesen Wert ausleben konntest oder wo gegen diesen verstoßen wurde.

Hier eine Tabelle mit zwei Beispielen:

PrioWertBeispielhafte Situation
1WertschätzungIch habe Überstunden gemacht, um die dringende Aufgabe für meinen Chef fertigzustellen. Er hat gerade einmal ein leises “Danke” herausgebracht.
2Vertrauen schenkenMir wurde eine völlig neue Aufgabe anvertraut, zu der ich noch überhaupt keine Vorerfahrung habe, aber mein Team sagte, dass sie mir das zutrauen.

A - Accomplishment

Errungenschaften und Selbstwirksamkeit - Das Empfinden von Selbstwirksamkeit ist ein wichtiges Instrument für mehr Zufriedenheit. Du musst dir deiner eigenen Selbstwirksamkeit bewusst werden. Wenn du selbstständig Dinge anpackst und Veränderung anstrebst, wirst du automatisch Errungenschaften und Erfolge für dich herbeiführen. Und ganz wichtig: Feiere diese Erfolge!

Wie heißt es so schön: “Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!”. Natürlich kann ein Projekt auch mal schief gehen. Aber auch daraus wirst du lernen und es beim nächsten Mal besser machen. In meinen Augen ist nichts schlimmer als Stillstand und der Verdruss über den Status Quo. Ich habe gelernt, dass man oftmals schnell Mitstreiter:innen findet, wenn man ein störendes Thema anspricht. Meistens bist du nicht allein mit deiner Haltung. Also hole dir Verstärkung und am besten den Support von Vorgesetzten. Sprich Sachverhalte an, die dich stören bzw. nicht gut laufen und nimm es in die Hand, etwas zu bewegen. Hinterlasse deinen Fußabdruck!

Fragen für dich zum Nachdenken:

  • Was würde ich gerne verändern?
  • Auf welche Erfolge in meinem Arbeitsleben kann ich in letzter Zeit stolz sein?
  • Habe ich diese Erfolge gebührend anerkannt oder mich direkt dem nächsten Thema gewidmet?
  • Wie gut bin ich darin, Fortschritt im Hinblick auf meine Ziele wahrzunehmen?
  • Wie kann ich Etappensiege, Zwischenerfolge und auch kleine Fortschritte bewusster machen – mir selbst und anderen?
  • Wie und durch wen kann ich mehr Feedback/Rückmeldung und somit das Gefühl von Fortschritt erhalten?

H - Health

Gesundheit und physisches Wohlbefinden - Arbeit ist für viele Menschen laut aktuellen Befragungen (American Psychological Association, 2021) der größte Stressfaktor – vor wirtschaftlichen, finanziellen und familiären Sorgen. Es gibt zudem einen starken Zusammenhang zwischen beruflicher Zufriedenheit und körperlicher sowie geistiger Gesundheit.

Oftmals fällt das Thema Gesundheit als Erstes hinten herunter, wenn man unter Stress steht. Mir geht es oft so, dass ich das Fußballtraining absage, um stattdessen länger zu Arbeiten und noch eine Aufgabe abzuschließen. Dies ist eine toxische Handlung, da der sportliche Ausgleich dazu beiträgt, das Stresslevel zu senken und im Umkehrschluss ermöglicht, wieder konzentrierter und produktiver zu arbeiten.

Mir ist das Gleichnis der stumpfen Axt im Kopf gelieben, das ich etwas anpasse, um den Sachverhalt zu verdeutlichen:

“Länger zu arbeiten, ohne sich zwischendurch einen Ausgleich zu schaffen, ist wie mit einer stumpfen Axt in den Wald zu gehen, um Bäume zu fällen. Man startet zwar schneller, braucht am Ende aber länger. Man sollte sich immer wieder die Zeit nehmen zurückzutreten, um seine Axt zu schärfen und durch Ausgleich seine Produktivität zu erhöhen, um letztlich schneller zum Ziel zu gelangen.” (Johannes Schwalbach)

Fragen für dich zum Nachdenken:

  • In welcher Form belastet meine Arbeitssituation meine körperliche, geistige und seelische Gesundheit?
  • Inwiefern sind Schlaf, Ernährung, Bewegung etc. davon betroffen?
  • Was davon liegt im Bereich meines eigenen, grundsätzlich veränderbaren Verhaltens?
  • Wer und was könnte mich bei einer möglichen Anpassung unterstützen?

Zusammenfassung

Unser heutiges Leben ist maßgeblich von Leistungs- und Erfolgsdruck, Stress und der Überforderung durch grenzenlose Möglichkeiten geprägt. In diesem anspruchsvollen Umfeld ist es umso wichtiger, sich seiner persönlichen Werte und Ziele bewusst zu sein. In der Positiven Psychologie steht die Frage im Vordergrund, wie subjektive psychische Ressourcen des Individuums in den Dienst eines gelingenden Lebens gestellt werden können. Das PERMA-H Modell zeigt 6 Dimensionen auf, die dir durch Auseinandersetzung mit diesen zu mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden verhelfen können.

Abschließend noch ein Zitat der Institutsleiterin der Deutschen Gesellschaft für Positive Psychologie:

Für die Positive Psychologie ist Glück kein Selbstzweck. Zu einem erfüllten Leben gehören auch negative Emotionen und der Umgang mit Krisen. Es geht nicht darum, einen Zustand zu schaffen, in dem ein Glücksmoment den nächsten jagt. Es ist genauso wichtig, festzustellen, wenn man unglücklich ist, um daraus Veränderungen anzugehen. (Psychologin Judith Mangelsdorf)

Quellen:

  1. Website Deutsche Gesellschaft für Positive Psychologie: Die Geschichte der Positiven Psychologie (abgerufen am 29.05.2023)
  2. Website Psychologie des Glücks: Was ist Positive Psychologie? (abgerufen am 03.06.2023)
  3. Buch Christian Thiele: Job Crafting konkret mit dem PERMA-H-Modell (2023)
  4. Buch Michaela Brohm-Badry: Positive Psychologie: Grundlagen, Geschichte, Elemente, Zukunft (2017)
  5. Website mehrentspannung.de: Der Holzfäller, der keine Zeit hatte
  6. Website Spektrum.de: Positive Psychologie - Sie wollen uns doch nur glücklich machen! (abgerufen am 03.06.2023)

Bildverweise:

  1. Foto von Jacqueline Munguía auf Unsplash
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